Collage mit Impressionen der Meisterfeier
Rudi Merkl
Insgesamt 504 Meisterinnen und Meister erhielten bei der Meisterfeier am 11. Juli 2025 in Würzburg ihre Meisterbriefe der Handwerkskammer für Unterfranken.

"Meister sind die Zukunft des Handwerks"

Herr Bissert, wie bewerten Sie die Meisterausbildung in Bayern?

Michael Bissert: Die Meisterausbildung in Bayern gehört zu den besten handwerklichen Qualifikationen weltweit. Meisterschüler erwerben umfassende fachliche Kompetenzen, werden in Betriebswirtschaft und Unternehmensführung geschult und erhalten pädagogische Fähigkeiten zur Führung und Ausbildung junger Menschen. Diese Kombination ist einzigartig in Deutschland und damit auch in Bayern. Der Meisterbrief ist ein anerkanntes Qualitätssiegel sowohl im Handwerk als auch in der Gesellschaft.



Ist denn eine Gleichwertigkeit zwischen akademischer und beruflicher Bildung gegeben?

Auf dem Papier ist sie gegeben. Der Handwerksmeister, im Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) auf der Stufe 6 eingeordnet, ist dem Bachelor gleichgestellt, und wer den Betriebswirt hinzufügt, erreicht das Niveau 7, eines Masters. Diese formale Gleichstellung war ein entscheidender Schritt für die berufliche Bildung. Doch eine echte Gleichwertigkeit umfasst mehr: Ist die gesellschaftliche Stellung eines Handwerksmeisters mit der eines Hochschulabsolventen vergleichbar? Entspricht die staatliche Unterstützung für handwerkliche Bildungszentren der für Hochschulen und Fachhochschulen? Beide Fragen müssen derzeit mit Nein beantwortet werden. Die formale Gleichwertigkeit existiert, faktisch jedoch nicht.



Michael Bissert, Präsident der Handwerkskammer für Unterfranken
Handwerkskammer für Unterfranken
Michael Bissert

Michael Bissert ist der Präsident der Handwerkskammer für Unterfranken. Er führt den Meistertitel im Gas- und Wasserinstallateur- sowie im Spengler-Handwerk. Er weiß um die Wichtigkeit der Meisterausbildung im Handwerk, benennt aber auch die Schwierigkeiten.

Was fordern Sie?

Wir benötigen von der Politik mehr finanzielle Unterstützung für unsere Bildungszentren. Unsere Standorte in Würzburg und Schweinfurt sind in die Jahre gekommen und benötigen dringend eine Erneuerung. In Würzburg planen wir, die Bildungsstätten umfassend zu sanieren und gemeinsam mit der Akademie für Unternehmensführung zum Campus Würzburg auszubauen. In Schweinfurt ist ein Neubau geplant, der zusammen mit der Fahrzeugakademie den Campus Schweinfurt bilden soll. Diese Projekte erfordern erhebliche finanzielle Mittel, die ohne Förderungen von Bund und Land nicht zu stemmen sind. Wenn unsere Bildungsstätten wie Universitäten behandelt würden, wäre das ein großer Vorteil für die berufliche Bildung.

 

Die Meisterabsolventenstudie 2023 zeigt, dass ein Meistertitel nicht zwangsläufig in die Selbstständigkeit führt.

Das ist korrekt und auch nicht zwingend notwendig. Die Studie zeigt klar, welche Faktoren junge Meisterinnen und Meister davon abhalten, selbstständig zu werden. Nach der Meisterausbildung streben etwa 20 % die Selbstständigkeit an, während 65 % im Angestelltenverhältnis bleiben. Wenn Meisterinnen und Meister sich selbstständig machen, geschieht das überwiegend bis zum Beginn des zweiten Jahres nach Abschluss der Meisterausbildung. Ein großes Hindernis sind Startkapital und Liquidität. Viele Meisterschüler sehen darin starke Hemmnisse. Hier fordere ich die Banken auf, die Kreditvergabe für Existenzgründer im Handwerk zu erleichtern und mehr Vertrauen zu zeigen. Die Gründungshürden müssen so niedrig wie möglich sein, denn Gründungen sind die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Politische Signale für eine stärkere Gründerkultur und bessere Unterstützung – besonders durch Banken – könnten hilfreich sein. Gründungen sollten schnell und unbürokratisch ablaufen, sonst verliert die bayerische Wirtschaft erhebliches Potenzial. Meister brauchen Unterstützung.

 

Gibt es noch andere Faktoren, die die Selbstständigkeit beeinflussen?

Ja, der Fachkräftemangel bleibt ein zentrales Thema. Er beeinflusst die Entscheidung zur Selbstständigkeit erheblich. In Krisenzeiten, wenn Arbeitsplätze als unsicher wahrgenommen werden, steigt die Gründerzahl. Trotz der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen zeigt das Handwerk seine Resilienz gegenüber globalen oder nationalen Wirtschaftskrisen. Es ist deshalb wichtig, qualifiziertes Personal aus dem In- und Ausland zu gewinnen, um diesen Mangel zu beheben.

 

Die bayerische Staatskanzlei spricht oft von der kostenfreien Meisterausbildung in Bayern. Ist das so?

Es hängt von den Voraussetzungen ab. Mit dem Meister-BAföG und dem Meisterbonus, der in Bayern eingeführt wurde, ist es möglich, eine kostenfreie Meisterausbildung zu absolvieren. Doch diese Möglichkeit ist aktuell gefährdet.



Wie meinen Sie das?

Es gibt in allen Bereichen Kostensteigerungen, auch in der Meisterausbildung. Hohe Tarifabschlüsse erhöhen die Personalkosten, und Materialien sowie der Betrieb von Werkstätten werden teurer. Um eine weiterhin kostenfreie Meisterausbildung zu garantieren, müssen zwei Dinge angepackt werden. Erstens sollte der aktuelle Höchstförderbetrag von 15.000 Euro aufgrund der gestiegenen Kosten auf mindestens 20.000 Euro angehoben werden. Zweitens: Falls es bis 2027 keine Lösung bezüglich der Sozialversicherung freiberuflicher Dozenten gibt und die Kammern verpflichtet werden, Sozialabgaben für diese Gruppe zu leisten, werden sich die Lehrgangsgebühren deutlich erhöhen, möglicherweise um bis zu 30 %. Unser Ziel muss es sein, die Meisterausbildung so attraktiv wie möglich zu halten. Denn eines ist klar: Meister sind die Zukunft des Handwerks.